»working out loud – im selbsttest«

  • 28.10.2020
  • von christiane kuerschner
Die Frage nach dem „Warum?“ und „Was hat es mir gebracht?“: Sechs Neugierige testen Working Out Loud ...
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Wir sind sechs Neugierige, Skeptiker, Pragmatiker, Tiefgründige, Beobachter, die die Methode Working Out Loud (WOL) remote ausprobiert haben. Und darüber wollen wir hier berichten, unsere Erfahrungen und Perspektiven teilen.

Ein paar Wochen nach dem letzten offiziellen WOL Date trafen wir uns, und Tim, der selbst Teilnehmer war, wollte von uns anderen wissen, wie wir den „WOL-Zirkel“ erlebt haben. Hier findet Ihr unseren Austausch dazu:

Tim: Hallo ihr alle, es ist wirklich schön euch zu sehen, nachdem die Working Out Loud Sessions voll digital stattgefunden haben. Ich habe zwar das Gefühl, euch schon ziemlich gut zu kennen, aber euch jetzt hier zu haben, ist das Sahnehäubchen. Nun erzählt mir doch bitte erst mal, was man sich unter WOL überhaupt vorstellen muss?

David: Gar nicht so einfach, das in wenige Worte zu packen: Lerne soziale (virtuelle und echte) Netzwerke richtig zu nutzen, um wirkungsvoller und erfolgreicher zu werden, persönlich und auch im Sinne des Unternehmens.

Agathe: … mit Hilfe einer wöchentlichen Anleitung und der Power der eigenen Peergroup lernt man dabei viel über sich und sein Netzwerk, und bekommt zudem noch hilfreichen Input.

Unsere Erkenntnis war, dass es nicht unbedingt die bemerkenswerten Dinge sind, die verbinden und ein gutes Gespräch einleiten.

Annkathrin: WOL hilft auch dabei, ein Gespür für Dinge zu bekommen, die wir allzuoft als selbstverständlich oder zu unwichtig empfinden, um sie „öffentlich“, in den sozialen Netzwerken, zu teilen. Diese Dinge können aber für andere sehr bereichernd sein! Außerdem kann WOL super dabei helfen, einen guten, authentischen (Digital) Personal Brand zu entwickeln.

Ralph: Und das in leicht verdaulichen 12 Wochen, mit jeweils einer Stunde Aufwand, etwas Vor- und Nacharbeit und vielen eindrücklichen Momenten.

Tim J.: Also leicht verdaulich fand ich das frühe Aufstehen nicht!? Vielleicht hätten wir uns doch eher zum Apero treffen sollen?

working out loud – die idee

Bryce Williams benutzte den Begriff “Working out Loud”(WOL) 2010 das erste Mal, John Stepper entwickelte ihn zur heute bekannten Methode weiter und veröffentlichte dazu 2015 ein Buch.

Die 5 Prinzipien von WOL sind:

  1. Beziehungen (Relationships)
  2. Großzügigkeit (Generosity)
  3. Sichtbare Arbeit (Visible work)
  4. Zielgerichtetes Verhalten (Purposeful Discovery)
  5. Wachstumsorientiertes Denken (Growth Mindset)

In einem WOL-Circle treffen sich 4 bis 5 Menschen 12 Wochen lang ein Mal wöchentlich für eine Stunde offline oder online. Jede*r Teilnehmer*in benennt ein individuelles Ziel, das er*sie während des Programms verfolgt. Die Treffen sind durch die Wochen-Circle Guides klar strukturiert, die Teilnehmer*innen unterstützen sich gegenseitig und tauschen sich aus.

Mehr Infos und die Circle Guides in verschiedenen Sprachen gibt es hier.


Tim B.
: Tim, was hat Dich denn dann an WOL fasziniert, denn du hast ja trotzdem bis zum Ende durchgehalten ?

Tim J.: Ich fand etwa den Gedanken gut, zu lernen, wie man erste Schritte in der Welt von sozialen Netzwerken gehen kann. War nicht so mein Ding vorher. Und dann gab es die ein oder andere Übung, die mir wirklich Lust auf mehr gemacht hat.

Tim B.: Welche war denn das?

Tim J.:Der Brief von meinem Ich in der Zukunft“ und „Die 50 Dinge über mich“ und euch.

Annkathrin: Ja, das waren wohl unser aller Favoriten.

Tim J.: Bei den „50 Dingen über mich“ geht es darum, 50 persönliche Fakten aufzuschreiben und diese dann im Zirkel mit den anderen zu teilen, um Verbindungen und Gemeinsamkeiten zu entdecken. Unsere Erkenntnis war, dass es nicht unbedingt die bemerkenswerten Dinge sind, die verbinden und ein gutes Gespräch einleiten. Die kleinen, unbedeutend scheinenden Gemeinsamkeiten führen viel eher dazu, sich intensiver mit dem anderen zu beschäftigen und aufmerksamer zu werden.

David: Genau, Tim und ich haben zum Beispiel festgestellt, dass wir beide Nerds sind und vor jedem Absenden eines Formulars STRG-A und STRG-C drücken, damit der Inhalt nicht in den Untiefen des WWW verloren geht (lacht).

Ralph: Spätestens jetzt wird klar, dass Erleben vor Theorie geht(schmunzelt). Ich hatte mich mit der Theorie zu WOL schon vorher auseinandergesetzt, es war mir aber nicht ganz klar, um was es eigentlich konkret geht und was es mir wirklich bringen würde.

Man ist nicht allein unterwegs, die Peergroup ist ein Anker, der ein Mal die Woche unsere Achtsamkeit trainiert.

Annkathrin: Tatsächlich konnte ich auch nicht so richtig was damit anfangen. Ich konnte mir beim besten Willen nichts unter „Laut Arbeiten“ vorstellen! Ich bin vielleicht beim Partymachen oder Renovieren laut, ich kann auch laut beim Kochen singen, aber laut am Schreibtisch arbeiten?

Ralph: Rumgeschrien haben wir die letzten Wochen auf jeden Fall nicht…

Tim J.: Hätte ich vielleicht manchmal gerne, bei der einen oder anderen Übung….

Agathe: Passend finde ich den Titel nicht. Meiner Meinung nach geht es ja viel mehr darum „sichtbar“ zu werden und das kann man auch leise.

Tim: David, dich wollte ich direkt etwas fragen, denn du hast ja nicht das erste Mal bei einem Zirkel mitgemacht. Was hat dich denn dazu getrieben, nochmal zwölf Wochen mit fünf mehr oder weniger Fremden so viel Zeit zu verbringen?

David: Die Methode ist ja noch immer relativ neu: Sie wurde 2015 von John Stepper, basierend auf einer Idee von Bryce Williams salonfähig gemacht. Ich war tatsächlich in einer der ersten WOL-Zirkel in Deutschland dabei und war echt neugierig, wie sich die Methode seitdem weiterentwickelt hat. Zum anderen wollte ich erleben, wie WOL innerhalb unserer New Work Community interpretiert und gelebt wird.

Tim B.: Was ich in unserem Gespräch auf jeden Fall deutlich merke ist, dass das Netzwerken im Vordergrund stand, weniger das Erreichen des zu Beginn gesetzten WOL-Ziels. Der Weg war also unser Ziel….

Annkathrin: Und das vermeintliche Ziel kann einem ganz schön im Weg stehen.

Ralph: Stimmt… haben wir nicht alle unser WOL-Ziel mindestens einmal umdefiniert?

Agathe: Mein Ziel stand mir tatsächlich nicht im Wege, allerdings habe ich mich auch auf den Aspekt des Netzwerkens fokussiert.

David: Es ist absolut üblich, sein Ziel ggfs. mehrmals zu ändern, und es wird in einem zweiten oder dritten Zirkel meiner Erfahrung nach viel einfacher, ein „passendes“ auszuwählen. Ich habe meine Ziele tatsächlich nicht geändert, und wusste durch meine vorherigen Zirkel schon, dass es mir mehr um die Menschen geht, mit denen ich diesen Kurztrip mache.

Ralph: Genau, zum Thema Menschen: Man ist nicht allein unterwegs, die Peergroup ist ein Anker, der ein Mal die Woche unsere Achtsamkeit trainiert.

Tim B.: Und dann höre ich uns zwischendurch immer mal wieder sagen: „Da mach ich nicht mit!“, „Das bringt mir gar nix!“, „Einen Scheiß muss ich…!“

Tim J.: Es gab einige Übungen die mich echt genervt haben! The Dinner Table University oder Aufgaben, die einfach zu umfangreich für nur eine Stunde waren.

David: Ihr wisst schon, dass es ab Woche drei die Sektion „Wenn es dir zu viel wird …“ gab, in der auch kleinere Aufgaben vorgeschlagen wurden?

Alle anderen: Hmm…

Annkathrin: Dennoch, es ist und bleibt eine sehr strukturierte Angelegenheit, mit einer detaillierten Anleitung für jede Woche, und ich finde wir haben uns gut organisiert: Wir haben Collaboration Tools genutzt wie Zoom, One Note, Miro fürs Whiteboarding und Typeform, um für uns selbst eine Umfrage zu erstellen.

Agathe: Es war sehr hilfreich, dass in unserer Peergroup immer eine Person ein passendes Tool zur Hand hatte. So konnten wir zum Einen unsere Sessions immer gut und effektiv online umsetzen und zum Anderen haben wir zum Teil neue Tools ausprobieren können. Ein weiterer schöner Nebeneffekt: wir können nach wie vor auf unsere Resultate zugreifen!

Tim B.: Und würdet ihr es wieder tun?

Ralph: Ja, mit Kollegen, also Intra-Company oder zumindest innerhalb der eigenen Branche, oder auch um ein konkretes Ziel – off work – mit allen gemeinsam zu erarbeiten. Das könnte ich mir wirklich spannend vorstellen.

Tim B.: Cool, ich danke euch! Es war mir eine große Freude, insbesonders euretwegen. Danke!

That’s it – oder: Was bleibt?

Nun, nach dem WOL-Zirkel, fragen wir uns, ob wir zu skeptisch waren, um uns wirklich voll auf eine Methode mit vorgegebenen Regeln und einem festen Rahmen einzulassen.

Und ja, WOL hat echt Spaß gemacht, wenn auch nicht immer gleich viel. Die Methode und die Übungen haben uns Neues gelehrt. Sie haben Disziplin und Engagement verlangt; im positiven Sinne. Die Disziplin und die Energie des Zirkels haben getragen. Aber all das verfängt nicht, bleibt nicht hängen, ist – ehrlicherweise – Erkenntnis vieler Methoden und natürlich sehr subjektiv; WOL bedeutet für jeden etwas anderes.

Vom Start weg hat uns ein grundlegendes Vertrauen durch die zwölf Sessions getragen. Wir waren einander zugewandt, offen, haben uns gegenseitig unterstützt und akzeptiert, wie wir sind. Das ist, was bleiben wird: Sich auf dieser Basis zu begegnen schafft den Raum, etwas entstehen zu lassen, selbst wachsen zu können und tatsächlich nachhaltig zu netzwerken!

Eine Methode ist dabei die Welle unterm Surfbrett: Sie kann Dich tragen, aber du musst sie reiten. Und das bedeutet (unbedingt) mutig genug zu sein, das Surfbrett in eine andere Richtung zu lenken.


Wir, die Teilnehmer des hier beschriebenen „Working Out Loud Zirkels“, haben uns über die Les Enfants Terribles Community gefunden und sind ein bunter Haufen aus zwei Alumni der New Work-Ausbildungsgruppen von Les Enfants Terribles.

Unser WOL-Zirkel fand wöchentlich, zwischen Januar und April 2020 statt. Wir haben den Zirkel schon vor dem Lockdown „remote“ geplant, um Teilnehmer aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands und der Schweiz zusammenbringen zu können.


Übrigens nutzen auch andere Enfants Terribles aus der Community WOL. Hier berichtet Michael Munke über seine Erfahrungen und hier sprechen wir mit Katharina Krentz, die WOL zu Bosch brachte.

Mehr Buchempfehlungen findet ihr auch noch hier in unserer Bücherliste.


Eine Anmerkung zu unseren Buchempfehlungen: wir sind sehr dafür, dass Bücher beim kleinen Buchladen um die Ecke oder auch bei Shops wie Buch7 (die mit 75% ihres Gewinns soziale Projekte unterstützen) gekauft werden. Wir benutzen hier aus praktischen Gründen Links zum Amazon-Shop, weil wir dann u.a. die Buchtitel im Rahmen des Partnerprogramms zeigen dürfen. Das heisst noch nicht, dass Ihr darüber auch bestellen müsst, aber wenn Ihr das tut, verwenden wir die Einnahmen daraus (5% auf jede Bestellung) für die Community-Arbeit von LES ENFANTS TERRIBLES.

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