»Von neuen Arbeitswelten und gelingender Kommunikation«

  • 27.03.2019
  • von Bianca Bischof
Ein Interview mit Sonja Nikon Umstätter über alternative Lebensmodelle, neue Bilder im Kopf und gelingende Kommunikation ...
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In unserem Interview mit Sonja sprechen wir über alternative Lebensmodelle, wozu wir neue Bilder in unseren Köpfen brauchen, um zukünftige Arbeitswelten zu gestalten und was das alles mit einer gelingenden Kommunikation zu tun hat. 

Sonja Nikon Umstätter arbeitet als Coach und lehrt als Professorin für Motion Design. Sie ist Mitgründerin des Coaching Ladens. Am liebsten unterstützt sie Menschen und Organisationen dabei, so zu leben, zu lieben und zu arbeiten, wie sie es möchten. Sie ist fest davon überzeugt, dass tiefgreifende Veränderung nur im Dialog und in Beziehung möglich ist und wenn diese Bereiche zusammenhängend begriffen werden.

Liebe Sonja, als systemischer Coach begleitest du Menschen in ihrer persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Was bewegt dich am meisten an der Arbeit als Coach?

Wenn ich dabei sein darf, wenn Menschen ihre „Flamme“ oder auch: ihr „Why“ entdecken: dann wird auf einmal alles mühelos, sie beginnen zu strahlen und wissen was zu tun ist. Das ist meine größte Inspiration, als Coach, als Gestalterin und als Lehrende.

Immer mehr Menschen machen eine systemische Ausbildung. Hat sich das Thema Coaching für dich in den letzten Jahre verändert? Wenn ja, wieso und in welche Richtung?

Meine Ausbilderin Alexandra Schwarz-Schilling sagte vor 10 Jahren, sie wünsche sich, dass Coaching in der Mitte der Gesellschaft ankäme. Das war auch ein Grund, den Coaching Laden zu eröffnen, Coaching den Menschen noch mal anders zugänglich zu machen. Ein Stück weit hat sich dieser Wunsch erfüllt, denke ich: Ich beobachte, dass gerade jüngere Menschen ab Mitte 20 Coaching ganz selbstverständlich für sich nutzen und offen über die damit einhergehenden Veränderungsprozesse reden.

Du beschäftigst dich gerne mit alternativen Lebensmodellen, sowohl in den Medien als auch durchs Coaching. Was ist dir daran so wichtig? Und wie kommen wir in so eine neue Lebenswelt, die vielleicht besser zu uns passt?

In den – vor allem deutschen – Medien kommen alternative Lebensmodelle so gut wie gar nicht vor. Und das obwohl uns in den letzten Jahrzehnten fast alle Lebensmodelle und Strukturen abhanden gekommen sind, die uns lange getragen haben, mit allen Vor- und Nachteilen. Ich denke an Familien- und Organisationsstrukturen, aber auch an spirituelle Zusammenhänge, wie die Zugehörigkeit zu einer Religion.

Wir beschäftigen uns viel mit dem, was wir nicht mehr wollen und wenden nicht genug Zeit auf, um uns vorzustellen, wie wir eigentlich leben wollen. Wie sieht unsere zukünftige Arbeit, wie sehen unsere Beziehungen aus? In unserem Coaching geht es oft darum, neue Bilder zu entwerfen, die uns inspirieren, magnetisch anziehen. So ermöglichen wir es uns, den Weg, den wir gehen wollen, zu finden, und das Glück, den Erfolg, die Liebe zu erkennen, wenn sie vor uns stehen.

Als Teil unserer Ausbildung zum/r New Work Professional hast du auch viel mit dem Themen “gut neu arbeiten” und “Change” zu tun. Und um bei den neuen Bildern zu bleiben, was verstehst du unter “gut neu arbeiten”, welche Bilder hast du dazu?

In meiner Vorstellung gehören zum Thema “gut neu arbeiten” ganz angewandte Dinge wie kürzere Arbeitswege, selbstbestimmte Arbeitszeiten, natürlich auch Gleichberechtigung und Chancengleichheit.

Ich verstehe darunter aber vor allem eine neue Art der Kommunikation. Eine Kommunikation, die auf der Grundannahme beruht, dass wir alle jederzeit mit positiver Absicht handeln. Ähnlich Rosenbergs Grundannahmen in der GFK. Weiterhin, dass wir in der Absicht, uns wahrhaftig zu zeigen und zu kommunizieren, in der Lage sein werden, die Arbeit zu finden, die wirklich zu uns passt und darüber hinaus bessere Arbeitsbeziehungen zu pflegen und uns so Gemeinschaft erfolgreich zu erleben. Das wäre ein extremer und lohnenswerter Wertewandel.

Wenn jede arbeitet was sie wirklich möchte, profitieren alle davon. Dazu müssten wir aber unsere Bedürfnisse und Werte kennen. Unsere Kultur ist noch immer nicht darauf ausgerichtet, unsere eigenen Bedürfnisse und die der anderen zu beachten. Jeder einzelne kann für sich beginnen, sich in Kommunikation zu üben, das ist ein Anfang.

Und was sind für dich aktuell die größten Herausforderungen, die wir in unserer komplexen Welt zu überwinden haben? Welche Chancen siehst du darin? Und wie könnte es gelingen eine neue Arbeitswelt, ein gutes Miteinander, zu gestalten?

Die Herausforderung ist meines Erachtens nicht die Digitalisierung. Da gibt es zu integrierende technische Nahtstellen und Lösungen, ja. Und wir wachsen da ja auch hinein bzw. darin auf. Die wirkliche Herausforderung ist das Anerkennen der Nicht-Separation auf allen Ebenen des Daseins. Das könnte sogar mit einem erleichternden Gefühl einhergehen, dass Dinge weniger komplex werden. Mit dem scheinbaren Schrumpfen der Distanzen können wir einerseits nicht länger so tun, als hätten wir mit dem Amazonas oder den Flüchtlingen im Mittelmeer nichts zu tun. Andererseits macht es bewusst, dass wir nie alleine sind und – uns in Vertrauen übend – die Gemeinschaft nutzen können.

Das hat radikale Folgen auf allen Ebenen: Für die Erde, all unsere Beziehungen und damit auch für Arbeitswelt und die Wirtschaft. Und bringt große Chancen mit sich, die wir meines Erachtens jetzt gerade nutzen sollten.

Was bedeutet es für dich bedeutet ein Enfant Terrible zu sein. Was braucht es dazu? Und siehst du dich selbst als eines?

Es gibt für mich nichts Radikaleres, als sich wahrhaftig zu zeigen und für das loszugehen, was einem wirklich wichtig ist. Das inspiriert manche, manchmal eckt es aber auch an. Und es kann passieren, dass Andere einen dann als Enfant Terribles wahrnehmen. Wir werden mehr…

Vielen Dank, Sonja.

Sonja ist übrigens Speakerin bei unserem nächsten Good Enfants Terribles-Tag am 06.04.2019 in Berlin. Sie erforscht mit uns in einem Einstiegsformat, wie wir besser kommunizieren können und so in Verbindung bleiben. Zusammen mit Nikolai Baumeister finden wir gemeinsam heraus, wie wir vom komischen Gefühl zum wirklichen Bedürfnis kommen, für eine gute, gelingende Kommunikation.

Weitere Informationen und den Anmeldelink für dieses Event findet Ihr gleich hier.

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