»Über feminine Qualitäten«

  • 19.12.2018
  • von Marion King
Ein Interview mit Yasmine Orth, der Gründerin von THE LOVERS, und Tickets für "The Future is Human" ...
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Wir haben ein Interview mit Yasmine Orth von THE LOVERS geführt. 

Yasmine Orth hat 2015 THE LOVERS, eine Organisation und Community für bewusstes Leben mit Agentur, Academy, Space, und Verein gegründet.

Sie lebt viele Rollen: ist ausgebildete Coachin, gelernte PR- und Kommunikationsexpertin, Netzwerkerin, Beraterin, Mutter und Eventkuratorin und seit 15 Jahren ein Creative und Social Entrepreneur. Sie hat eine große Spürnase für gesellschaftliche Themen und Lösungen, die zukunftsfähig sind und ist dabei eine unermüdliche Mutmacherin und Potentialentfalterin.

Die Aktivierung der weiblichen Kraft, die Beschäftigung mit Leadership, sozialer Nachhaltigkeit, Transformation und Yoga spielen für die Halb-Inderin dabei eine große Rolle. Noch bevor es facebook gab, gründete Yasmine in 2004 in Berlin das Frauennetzwerk „Goerlzclub“, welches 2015 in THE LOVERS transformiert wurde und auch die Männer mehr mit ins Boot holen möchte. Seit 2010 existiert der „Salon Mondaine“ (Female Empowerment & Leadership) als realer Treffpunkt für moderne Frauen.  Sie erweiterte ihr Portfolio in 2012 um die ganzheitliche Yoga- und Meditations-Plattform “Urban Libertines“ (Creative & Conscious Journeys), 2016 um die “Lead with Love” – Retreats (Yoga & Coaching) in der Natur und 2018 um die “Urban Experiences”, Tagessymposien für persönliche und berufliche Transformation im digitalen Wandel.

Yasmine, Du beschäftigst Dich seit vielen Jahren mit dem Thema Frauen, mit Weiblichkeit. Warum ist das zu “Deinem” Thema geworden? Wie bist Du damit gestartet?

Ich hab mich schon als junges Mädchen mit der Frage beschäftigt, wer bin ich? Als Tochter eines Inders hab ich mich früh mit Buddhismus (Mindset) und den hinduistischen Göttinnen (Vorbilder für verschiedene weibliche Qualitäten in uns) auseinandergesetzt.
Was bedeutet es Frau zu sein? Wie ist Schönheit definiert?
Durch familiäre und gesundheitliche Herausforderungen und vor allem durch die Herausforderung erwachsen zu werden, war ich sehr früh mit der eigenen Auseinandersetzung konfrontiert, habe mir viele Fragen gestellt. Dazu kamen viele psychedelische Selbstversuche, Tanzen und Techno. Die Suche nach Liebe und Wärme in einer Gemeinschaft, in der es um etwas Größeres geht: um Community, Musik und um Rituale.

Während meines Abiturs habe ich mit meinem Exfreund und Anderen ein Modelabel gegründet, mit 24 meine erste Booking-Agentur. Idee, Machen, Umsetzen war schon immer mein Element.

Ich hatte viele männliche Freunde, von denen ich vieles gelernt und abgeguckt habe und damals nicht verstanden, warum gewisse Aspekte, wie die des beruflichen Netzwerkens oder des sich gegenseitig “featuren” bei Frauen nicht so kultiviert waren, und das wollte ich mit der damaligen Gründung des “Goerlzclub” ändern, als ich 2004 nach Berlin kam, also mit 26 Jahren. Damals ging es erstmal nur um die Vernetzung unter Frauen aus der Kreativwirtschaft, ein soziales Netzwerk mit Tipps und Empfehlungen für ein einfacheres Leben in einer verrückten Großstadt wie Berlin und, um Einzelkämpfertum zu beenden – mit dem Credo der ersten Stunde “Miteinander anstatt Nebeneinander”.

Hat sich das Thema über die letzten Jahre (für Dich) verändert? Und wenn ja, wieso und in welche Richtung?

Heute sehe ich mich als Forscherin für dieses Thema und auch für weibliches Unternehmertum, was ich selbst für mich immer weiter entdecke und entwickle.

Je tiefer ich eingetaucht bin in dieses Thema, desto mehr habe ich die historische, spirituelle/karmische und vor allem traumatische Tragweite verstanden, was die Unterdrückung der “femininen Qualitäten” in allen Menschen durch die Übernahme des Patriarchats vor 3-5000 Jahren mit uns Menschen gemacht hat. Wie Macht, Unterdrückung und Zerstörung, die konstruktiven, Leben erhaltenen, gemeinschaftlichen Prinzipien und das Herz (Mitgefühl) verdrängt haben und bis heute dominieren.

Ich bin stark mit meiner Intuition verbunden und durch viele spirituelle Erlebnisse, Mentorinnen und Ausbildungen, habe ich eine komplett neue Seite von “Weiblichkeit” entdeckt – wohlwollend und tragend, und für mich meinen “Auftrag” in diesem Leben, in dieser Zeit, in dieser Gesellschaft erkannt und dafür stehe ich ein mit meiner Vision: Mehr Balance und Gerechtigkeit in die Welt zu tragen.

Die Unterdrückung des “femininen Anteils” in allen Menschen ist für mich eine der Hauptgründe warum unsere Erde völlig aus der Balance geraten und die Wertschätzung für Natur und ihre Ressourcen verloren gegangen ist. Und natürlich geht es um Integration des “Femininen” und “Maskulinen” in jedem von uns, um Augenhöhe und Wertschätzung und um Heilung unserer Traumata, durch die wir alle aus unseren Opfer- und auch Täterrollen kommen dürfen, hin zu unserem wirklichen individuellen Potential. Die Zeit ist reif!

Daher gibt es bei meiner Arbeit mit THE LOVERS aktuell drei wichtige Stränge, um diese Dysbalance wieder ins Gleichgewicht zu bringen:

1. Die Bildung und Stärkung von Frauen (Empowerment & Leadership) und des “femininen Prinzips” in allen Menschen – für mehr Menschlichkeit.
2. Mindfulness durch Yoga, Meditation und Coaching für innere Prozesse, Resilienz und Selbstwirksamkeit im Außen, denn Veränderung fängt nur bei uns selbst an und wird in Zeiten des digitalen Wandels und der extremen globalen Herausforderungen immer relevanter. Und
3. Aktivismus: Wir fördern Mut und stärken die Gestaltungs- und Umsetzungsfähigkeit des eigenen Potentials innerhalb unserer Gesellschaft, um zusammen (Co-Creation) etwas Sinnvolles im Sinne Aller für Alle zu erschaffen (Nachhaltigkeit).

Du machst sehr viele Events und Veranstaltungen, triffst viele tolle Menschen, wunderbare Frauen? Wer hat Dich nachhaltig beeindruckt; vielleicht sogar etwas in Deinem Leben verändert?

So viele tolle Frauen getroffen zu haben hat mich ja dazu bewegt, Diese auf die Bühne zu holen, noch mehr zu lernen und für Alle mehr rauszuholen. Jeder Salon Mondaine, die Retreats oder Urban Experiences sind wie eine Forschungsreise in das jeweilige Thema und damit verändert es mich und Alle, die da waren. Mich haben vor Allem Begegnungen mit älteren Frauen geprägt, Mentorinnen, wie der dreifach nominierten Friedensnobelpreisträgerin Dr. Scilla Elworthy, die mit solch einer Klugheit, Schönheit, spirituellen Tiefe und Liebe, so professionell auf dem Schreibtisch der Wirtschaft mitmischt und damit weibliche Perspektiven, feminine Qualitäten und Frieden einbringt. Genauso wie meine Ausbilderin Alexandra Schwarz-Schilling, die mir seit 10 Jahren hilft, das alles besser zu verstehen.

Dann gibt es immer wieder junge Frauen von denen ich tief beeindruckt bin, mit welch ähnlichen Qualitäten (s.o.) und so großer Willenskraft sie unterwegs sind. Lisa Furtwängler hatten wir zuletzt auf der Bühne, die mit ihren Wurzeln im Rücken sehr mutig ganz eigene Wege geht und sich für neue Frauenbilder in den Medien (bzw. auf Etablierte aufmerksam macht) einsetzt. Oder Kristina Lunz, die so bemerkenswert und mutig aufsteht für mehr Gender-Gerechtigkeit und Vielfalt in der Politik.

Aber um im ganz nahen Umfeld anzufangen, da sind die Frauen mit denen ich nun seit ein paar Jahren im Team wachse und sehr viel von ihnen gelernt habe: Wir haben alle die gleiche Vision, nur verschiedene Werkzeuge wie wir es umsetzen. Und gemeinsam bringen wir es bei The Lovers ein. Das sind vor allem Yogalehrerin Annette Söhnlein, Businesscoach Jessica Calaminus, Meditationslehrerin Julez Allen und Moderatorin Andrea Thilo.

Was ist für Dich eine richtig tolle Frau? Wie würdest Du sie beschreiben?

Generell würde ich einen richtig bemerkenswerten Menschen beschreiben:

Jemanden, der authentisch lebt oder es versucht. Aufrichtig und ehrlich. Mit all seinen Kanten und der Kraft seiner Stärken. Gegen und mit allen Widerständen immer wieder offenen Herzens und mutig sich dessen annimmt, was ist. Jemand, der gut zu sich selbst ist und nicht unbedingt das letzte Hemd teilt, wenn er dadurch selbst nackt da steht (Aufopferung ist nicht mein Weg). Jemand, der kommuniziert, wenn er Hilfe braucht und schwach ist, und jemand, der zuhört, wenn es anderen nicht gut geht. Jemand, der Potentiale fördert und sein eigenes Ego zurückstellt, wenn es unnötig ist, und nutzt, wenn das gesunde Ego wichtig ist. Jemand, der mit Weisheit weiss, dass mit Geduld und in Liebe, sowieso die richtigen Türen aufgehen werden. Jemand, der aufsteht für seine Vision und in Verantwortung für unsere Kinder sinnvolle Entscheidungen trifft.

Welche weiblichen Qualitäten findest Du wichtig?

Hier sei nochmal zu betonen. Alle Menschen haben diese Eigenschaften. Auch die Männer. Diese Eigenschaften gilt es zu fördern, viel mehr wertzuschätzen – nicht nur im familiären Kontext, auch in Beruf und Gesellschaft und in den Einklang zu bringen mit den konstruktiven “maskulinen” Qualitäten, die auch ganz wundervoll und wichtig sind!

An erster Stelle über die Empathie hinaus: Das Mitgefühl. Liebe. Nachhaltiges Denken im Sinne nächster Generationen. Anbindung an unsere Kollektiv-Intelligenz, die Intuition. Gemeinschaftliches, kollaboratives, kreatives und lösungsorientiertes Denken und Handeln. Zyklisches Bewusstsein im Einklang mit den Zyklen der Natur, zu dem auch Zerstörung, Transformation und Neuanfang gehören.
Raum schenken (sich selbst und anderen) & Empfänglichkeit. Chaos und Zauber!

Wie wählst Du Frauen und Menschen aus, die bei Deinen Events auf der Bühne sind?

Intuitiv und strategisch. Der Zeit, dem Thema, den Menschen, die mir irgendwo begegnen oder empfohlen werden angepasst. Und mit Vertrauen, dass es die richtige Wahl sein wird.

Es gibt eine neue Studie, die sagt, dass Frauen (immer noch nicht) so gerne in Führungspositionen sind oder gehen? Was müßten Unternehmen Deiner Meinung nach tun, um mehr Frauen in solche Positionen zu bringen?

Ich denke generell müssen wir individueller schauen, was wir Menschen brauchen, um bestimmte Rollen zu decken und zu leben und überholte Rollen loszulassen und sich der Veränderung anzunehmen, dass wir in einer diversen, vielfältigen Welt leben, die bunt sein darf – weg von grauen Anzügen und weißen Schürzen.

Führung kommt für mich von innen. Sicher ist es ebenso wichtig neue Strukturen von oben (aussen) festzulegen, damit sich von beiden Seiten etwas bewegt.

Frauen können sehr gut Verantwortung übernehmen, im Privaten fällt es ihnen viel leichter – für die Familie, für den Mann und die Beziehung. Im beruflichen Kontext ist es “relativ” neu für uns. Es braucht daher viel mehr Vorbilder und mehr Austausch und vor allem dieses Empowerment der eigenen Stärken. Ich glaube, es ist daher wichtig den Frauen Mut zu machen ihren eigenen Weg zu finden und sie für ihre Qualitäten wertzuschätzen. Oft versuchen wir die “besseren” Männer zu sein, mitzuspielen und uns im Wettbewerb zu messen und uns z.T. was “zurückzuholen”, was wir lange nicht durften. Das sehe ich auch etwas kritisch.

Es braucht die Förderung von Frauennetzwerken, damit Frauen innerhalb der Firma nicht alleine sind und gestärkt werden. Und es braucht Wissenstransfer, vor allem auch an Männer, damit diese Ängste um Machtentzug verlieren und das gemeinsame Potential erkennen. Daher müssen wir Frauen und Männer weiterbilden und stärken.

Ich glaube für Unternehmen wird es auch immer wichtiger werden, Männer zu stärken in ihren neuen Rollen, Vaterschaft und Elternzeit wertzuschätzen. Dadurch verändern sich Familiensysteme und Vereinbarkeit von allen Seiten wird möglich.

Daher haben wir mit unserem Format, der “Urban Experience-The Future is Human” jetzt ein kollaboratives Event für Frauen & Männer – für mehr Augenhöhe und Menschlichkeit.

Was braucht “gutes neues Arbeiten” generell aus Deiner Sicht/Perspektive? Durch was oder wie könnte es gut gelingen?

Viel Spass. Verbundenheit. Engagement für etwas Sinnvolles. Die Perspektive zu etwas Größerem beizutragen.

Findest Du, Du bist ein Enfant Terrible? Und wenn ja, wieso? Und was braucht es, um eins zu sein?

Der Journalist und Autor Carl von Siemens (checkt sein neues Buch!!) , meinte einmal zu mir, als ich ihn fragte, ob er das schwarze Schaf der Familie sei: “eher das Bunte.” Das ist mir sehr hängengeblieben und so möchte ich auch Farbe und Licht in stagnierte Bereiche bringen. Das gefällt nicht immer allen. Ist aber notwendig, um FÜR das Leben aufzustehen.

Am 18.01.2019 findet die nächste THE LOVERS Urban Experience unter dem Motto „The Future is Human“ in Berlin statt. Unter anderem ist die wunderbare Julia von Winterfeldt aus unserer Les Enfants Terribles-Community mit dabei.

Mit einer Mischung aus Vorträgen, Panels und Workshops widmen sich die Teilnehmenden der menschlichen Beziehungs- und Arbeitskultur in Zeiten des digitalen Wandels:
Eine stabile, nachhaltige und zukunftsfähige Gesellschaft braucht Menschen, die Beziehungen zu sich selbst und zur Umwelt führen, die durch Empathie, Mitgefühl, Achtsamkeit geprägt sind sowie durch Selbstwirksamkeit, Potenzialentfaltung und systemisches Denken. Nur so können wir auch Business-Modelle gestalten, die die scheinbare Dichotomie zwischen Mensch und Umwelt auflösen. Während des Tages arbeiten die Teilnehmenden auf kognitiver, emotionaler und körperlichen Ebene, um ganzheitliche Entwicklungsschritte zu ermöglichen und innere Prozesse anzustoßen, die sich im Außen widerspiegeln.

Alle Infos zur Urban Experience gibt es hierÜber Les Enfants Terribles gibt es Tickets zu einem Sonderpreis über diesen Link hier.

Und hier kommen noch zwei weitere Events der THE LOVERS Academy:
24.01.2019
Salon Mondaine #25, Courage: Mut & Menschlichkeit – Frankfurt/Main

29.–31.03.2019
Yoga & Coaching Retreat #10, (R)evolution Of Cooperation – Stolzenhagen/Brandenburg

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