»Trennt Euch!«

  • 28.03.2018
  • von Martin Ciesielski
Manchmal ist es einfach besser, sich zu trennen. Das gilt im Privaten, aber auch für den Job. Hier kommt ein schönes Buch darüber ...
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Beziehungen geht man ein. Führt sie und trennt sich. Mal früher. Mal später.

Doch genau mit diesem letzten Schritt tun sich viele schwer. Sich trennen, loslassen. Viele gehen daher gar nicht erst eine  Beziehung ein. Aus Angst davor, sich irgendwann wieder zu trennen. Oder man bleibt zusammen – trotz besseren Wissens und Fühlens.

Genau an jene richtet sich dieses kleine Büchlein von Thomas Meyer mit dem recht eindeutigen Titel: Trennt euch!

Doch dieser „Essay über inkompatible Beziehungen und deren wohlverdientes Ende“ hat nicht nur einiges für erkaltete Liebesbeziehungen zu bieten. Schon als ich die ersten Absätze, ein Glaubensbekenntnis zum Loslassen, las, musste ich auch an die Arbeitswelt denken:

„Ich glaube, dass der Sinn des Lebens darin besteht, Freude zu empfinden und sie zu teilen.

Ich glaube, dass der Sinn einer Beziehung darin besteht, einander gutzutun und in der Entwicklung zu unterstützen.

Ich glaube, dass eine Beziehung, die Sie kleinhält und traurig macht, beendet werden muss.

Denn ich glaube, dass das Leben zu kurz ist. Zu kurz für alles, was uns nicht zum Lachen bringt.

Also trennt Euch!“

Kündigt! Geht! Geht auf die Suche, aber bleibt auf keinem Fall in einem Job hängen, der euch einfach nicht gut tut.

„Wenn es nicht passt, wird es nie passen, während aus Leid immer nur noch mehr Leid wird, weswegen diese unheilvollen Beziehungen besser heute als morgen beendet werden sollten“, fährt Meyer fort. Aber haben wir nicht gelernt, dass es im Leben auf´s Durchhalten und Aushalten ankommt? Müssten wir nicht an unseren Beziehungen (Kompetenzen, Fähigkeiten, Emotionalen Intelligenzen etc.) arbeiten, liegt es nicht an uns, dass es am Ende doch noch klappen könnte?

Aber auch die umgekehrte Logik kennen wir: „Solange Sie sich in einer nichtpassenden Beziehung [Job-Situation] befinden, oszilieren Sie mental und verbal unablässig zwischen der Klage über das Verhalten ihres Partners [Kollegen, Chefs, Kunden] und der Beteuerung, mit diesem eigentlich eine gute Beziehung zu führen, da er eigentlich perfekt zu ihnen passe – wenn bloß jene lästige Eigenschaft nicht wäre, er endlich diese eine Einsicht hätte und sein Verhalten Ihnen gegenüber ändern würde.“

Tja und dann kommt der gute Thomas Meyer auch gleich mit der ganzen, nackten Wahrheit über diese Denkweise um die nächste Buchseitenecke: „Daran aber, dass Sie ständig eigentlich sagen, wenn Sie über ihre Beziehung sprechen, dabei inflationär den Konjunktiv benutzen und sich ereifern, was Ihr Partner alles erkennen, verstehen und ändern müsste, zeigt sich, dass Sie sich nicht in der Realität aufhalten, sondern, Pardon, in einer Wahnvorstellung.“

Doch mit den Wahnvorstellungen sind wir noch lange nicht am Kern des Problems des Sich-nicht-Trennens angelangt, denn „[…] Pausenlos umkreist ihr Verstand Ihre nichtpassende Beziehung und sucht nach der mutmaßlichen Störung und nach möglichen Wegen, diese zu beheben. […]  Zu einem brauchbaren Ergebnis kommen Sie daher jedoch nie. Der Intellekt kann zwar rasant Situationen analysieren, Lösungen erarbeiten und deren Vor- und Nachteile abwägen, aber er lässt dabei kein vernünftiges Maß walten, sondern dringt, einem manischen Maulwurf gleich, immer tiefer in die Materie ein, um immer mehr Für und Wieder ans Tageslicht zu befördern und die Balance immer feiner zu tarieren, bis schließlich jede Option als exakt gleich sinnvoll erscheint und eine Entscheidung – ein Ende der inneren Spaltung also – nicht mehr vorstellbar und damit auch nicht mehr möglich ist.“

Was bleibt? Die Trennung. Hopp oder Flopp. Mit Logik ist dem nicht beizukommen.

Am Ende sind es ein paar wenige, aber zentrale Aspekte, in denen man sich ähnlich sein sollte – wenn nicht, sollte der Trennung nichts im Wege stehen.

Bei den Bereichen handelt es sich um den Humor, der Intelligenz, den Wertvorstellungen, den Lebensumständen, der persönlichen Reife, der Sexualität, Spiritualität und dem Beziehungsmotiv (Warum und wozu sind wir eigentlich zusammen?). Vielleicht irritiert an dieser Stelle die eine oder den anderen die Sache mit der Sexualität. Aber hey, sollte ein Job nicht auch sexy sein?

Der Humorfaktor ist leicht auch für die Arbeitspraxis nachvollziehbar. Wer kennt es nicht, dass man sich unter Kolleginnen und Kollegen mit witzigen Bemerkungen über den Kunden amüsiert – man aber selbst gar nicht so richtig drüber lachen kann. Die Chefin, deren Humor man so gar nicht teilt. Oder der Humor der Kunden oder (Unternehmens-)Partner irgendwie so gar nicht zündet. All das sind gute Hinweise dafür, dass man zum Lachen lieber den Ort wechseln sollte.

Humor zeugt von dahinter liegenden Wertvorstellungen. Manchmal sehr direkt, manchmal eher indirekt. Die Wertvorstellungen finden wir auch in der Arbeitsumgebung, dem Design, der Kleidung, der Freizeitbeschäftigungen und vielem mehr der Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir uns selbst schwer tun, mit der Freude über bestimmte Apps oder dieser oder jener Netflix-Serie, dann kann das ebenso ein guter Indikator dafür sein, dass es womöglich in anderen Organisationen (oder Abteilungen) andere Menschen gibt, mit denen wir mehr Gemeinsamkeiten hätten.

Auch am Arbeitsplatz spielt die persönliche Reife der Kolleginnen und Kollegen eine große Rolle. Wie wird miteinander und übereinander gesprochen? Wie ist die eigene und die Haltung der anderen zum gemeinsamen Bälle-Bad und den Kicker-Spielen? Stellen diese spielerische Momente in einem reifen und erwachsenen Umgang in der Zusammenarbeit und im Aushandeln von Konflikten dar oder sind sie eher ein „Coolness“-Faktor und Fluchtmoment in oberflächlichen, gemeinsamen Spaß?

Last but not least stellt sich die Frage nach der Spiritualität. Oder, ein wenig anders formuliert, der Conciousness, dem Bewusstsein dessen, was man dort eigentlich tut. Und wofür. Welchen Einfluss hat mein/unser Tun? Kultivieren wir eine Achtsamkeit im gegenseitigen Miteinander und füreinander? Was geben und was nehmen wir der Welt? Welchem großen Ganzen dienen wir (In der Beziehung sollte es wohl die gemeinsam empfundene Liebe und Wertschätzung füreinander sein)?
Findet man bei diesen Fragen keine oder nur sehr begrenzte Antworten, sollte auch dies ein Anlass sein, sich auf den Weg zu machen.

Nun kann man sich natürlich dran machen, eine Checkliste zu erstellen und die o.g. Fragen nach und nach abarbeiten, denn „Liebe allein reicht nicht“. Oder man kultiviert eine einzige Sache, die uns hilft, all diese Aspekte in ihrer Gesamtheit wahrzunehmen. Ob es am Ende stimmt oder nicht, sagt einem der „heile Kern“ aka innere Stimme, Instinkt, Bauchgefühl. Den gilt es wieder wahr- und ernst zu nehmen. Nichts und niemanden sonst. Dies gilt für die Beziehung genauso, wie für den Job.

An diesen heilen Kern führt einen dieses feine Buch, von dem man sich beim Lesen gar nicht mehr trennen möchte, heran. Auch im Nachgang bleibt einiges davon noch haften – nicht nur aufgrund der beigelegten Aufkleber mit Zitaten aus dem Buch. Meine Favoriten:

„Die Hoffnung stirbt deshalb zuletzt, weil sie sogar die Dummheit überlebt.“ und eben
„Liebe allein reicht nicht.“

So, liebe Leserinnen und Leser. Ich hoffe, ein wenig Lust aufs Trennen gemacht zu haben. Jetzt wird es Zeit, dass auch wir getrennter Wege gehen…

Aber wenn Ihr vorher das wunderbare Buch lesen möchtet, dann könnt Ihr es hier bestellen.

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