»drei bücher von … cathy«

  • 17.06.2022 (aktualisiert)
  • von Gastautor*in
  • Lesezeit: 6 Minuten
Dieses Mal kommen die drei Lesetipps von Cathy Narriman. Sie gibt Buchtipps für alle, die Führung, den Wert der Arbeit und Bildung neu denken möchten …
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Auch heute möchten wir euch wieder drei Bücher von einem Les Enfants Terribles-Mitglied vorstellen. Dieses Mal kommen die Buchtipps von Cathy Narriman. Sie ist Gründerin von „Flipped Job Market“,  einem Angebote an Menschen, die sich beruflich (neu) orientieren möchten und entdecken möchten, was sie wirklich wirklich wollen …

So viele Jahre befasse ich mich nun schon mit dem Thema Arbeit. Immer wieder ernüchtert mich im New-Work-Kontext, wie schnell dieses Thema von Begriffen wie „Karriere“, „Digitalisierung“ oder auch „Selbstorganisation“ und „Change Management“ überdeckt wird. Überdeckt, weil Arbeitswelt so viel mehr ist, so viel komplexer ist. Von Hannah Arendt über Karl Marx bis Blüm und Hartz IV, von Reproduktion über Selbstverwirklichung zu Teilhabe und Sozialstaat. Und noch so viel mehr. Ich bin froh und stolz, Teil der LET-Community zu sein und bei vielen Enfants offene Türen einzurennen: Hier werden Themen wie die Rolle von Gewerkschaften, faire Bezahlung, offene Lernkultur verhandelt. Mehr als einfach nur „gut neu arbeiten“.

Die folgenden drei Bücher möchte ich Euch daher heute ans Herz legen:

Johann Chapoutot: Gehorsam macht frei. Eine kurze Geschichte des Managements – von Hitler bis heute

Dieses Buch ist leicht zu lesen und schwer zu ertragen: Chapoutot erörtert klug und nachvollziehbar, wie unsere Arbeitswelt, unsere Idee der „Menschenführung“, von „Human Ressource“, von „Leistung“ bis heute vom – wie er schreibt – „Geist“ des Nationalsozialismus beeinflusst ist. Mich hat dieses Buch sehr bewegt. Es liefert mir Hilfestellung und Erklärungsmuster, um zu verstehen. Wo ich mich immer wieder wundere, woher die immer noch so weit verbreitete Arbeitsmoral des frühen Aufstehens, der Hierarchien, dass Arbeit keine Freude machen dürfe, dass „Nichtstun“ schlecht sei, dass Menschen nach Leistung und Nützlichkeit bewertet werden, herkommt. Wie sie von Männern, auch von ganz konkreten Personen, jahrzehntelang geprägt wurde. Und dafür, wie manch eine Institution einen solchen Geist unhinterfragt aufrecht erhalten hat, in Personen und Strukturen. Es ist ein bisschen so wie mit der  Geschichte des heute berüchtigten und noch jahrzehntelang einflussreichen NS-„Erziehungsratgebers“ von Johanna Haarer. „Was heutige Unternehmen und die NS-Ideologie gemeinsam haben“, steht auf dem Klappentext von Chapoutots Werk. Wer sich wirklich von Hierarchien in Unternehmen befreien will, dem sei diese Lektüre ans Herz gelegt.

Maike Plath: Befreit euch! Anleitung zur kleinen Bildungsrevolution

Immer wieder lese ich erneut und mit Erkenntnisgewinn in diesem Buch der ehemaligen Lehrerin Maike Plath: Von einer„Büllerbü“–Schule wechselte sie einst an eine Hauptschule in Neukölln. Eine Erfahrung, die man in ihrem fantastischen Podcast „Türsteher*innen der Freiheit“ fesselnd nachhören kann. Und die letztlich zur Gründung von „Act e.V. – Führe Regie über Dein LEben“ führte.
Dort wird das umgesetzt, was in diesem sehr umfangreichen, wissenschaftlich fundierten und auch noch ganz praktische Anleitungen enthaltenen Buch steht: Eine kleine Bildungsrevolution. In der die „Diversität zum Ausgangspunkt unserer Gesellschaft gemacht wird“ und die immer den Bogen zwischen innerer Führung, Statuslehre auf der einen Seite, Gesellschaft, Demokratie und Partizipation auf der anderen Seite, schlägt. Kreativität im Sinne von Schaffen ermöglicht echten Perspektivwechsel, macht Lust auf Komplexität, ist hilfreich in der realen Welt. Neben Sir Ken Robinson (dessen neuestes Buch bzw. Manifest dieser Tage posthum erscheint, sonst wäre es hier als Nr. 4 vertreten), verbindet für mich niemand die komplexe Bildung und Arbeitswelt treffender als Maike Plath.

Julia Friedrichs: Working Class

Wir haben es schon geahnt: Die Zeit der Arbeitsgesellschaft ist vorbei! Allein durch Arbeit kann man heute weder reich werden, noch den „Klassenaufstieg“ schaffen. Zu groß der Faktor Vermögen, zu groß die exponentiell wachsende Schere zwischen denen, die Mehrwert schaffen und denen, die davon profitieren.
Wenn man in diesem Buch zwei vollzeitarbeitenden Akademikereltern dabei zusieht, wie sie es nur mit Ach und Krach schaffen, eine vierköpfige Familie in einer Kleinstadt durchzubringen, dann verschiebt sich der bisherige Begriff der „Arbeiterklasse“. Dann versteht man, warum viele von uns ganz offiziell „Besserverdienende“ sind – auch wenn es sich weder so anfühlt, noch einem die Sorge um die Altersvorsorge nimmt. Ob man die Geschichten vom migrantischen U-Bahnhof-Putzmann oder vom ostdeutschen Bruch in der Arbeitswelt dann noch aushält? Ja, denn Julia Friedrichs schreibt kurzweilig, es sind biographische Reportagen. Dabei streut sie wie beiläufig viele Quellen, Zahlen, Fakten ein, die man sich genau in dem Moment dazu wünscht. 


Bereits in der Serie „Drei Bücher von …“ vorgestellt:

Drei Bücher von … Marion
Drei Bücher von … Martin
Drei Bücher von … Franziska
Drei Bücher von … Gerhild
Drei Bücher von … Luca
Drei Bücher von … Sabine
Drei Bücher von … Christiane
Drei Bücher von … Nunni
Drei Bücher von … Dejan
Drei Bücher von … Ralph
Drei Bücher von Julia Kropf
Drei Bücher von Jessica

Mehr Buchempfehlungen findet ihr auch noch hier in unserer Bücherliste.

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