»der andersmacher«

  • 02.09.2020
  • von Marion King
Ein Interview mit dem „Andersmacher“ Podcast-Begründer Aaron Brückner über gelungene Gespräche, drei Stunden Elon Musk und das Geheimnis eines guten Podcasts ...
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Den „Andersmacher“ Podcast von Dr. Aaron Brückner gibt es jetzt schon in der 139. Folge. Aaron interviewt Menschen, die „ihr“ Ding machen, die ihre Meinung äußern, Menschen, die gestalten und mit „ihrem“ Thema beitragen. Darunter sind u. a. Gerald Hüther, Sally Perel, Leon Löwentraut oder Raul Krauthausen. Aaarons Mission ist es, Andersmachen normal zu machen. Wir haben mit ihm übers Podcast-Machen und natürlich übers Andersmachen gesprochen. Weiter unten findet ihr außerdem den Link zu meinem Podcast-Gespräch mit ihm über „New Work ist Inner Work“.

Wir hatten ein sehr schönes Podcast-Interview für Deinen “Andersmacher” Podcast zusammen. Ich fand, Du bist dabei sehr gut “mit mir mitgegangen”. Zum Beispiel hatte ich spontan vorgeschlagen, unser Les Enfants Terribles-Lieblingsgedicht von Rilke vorzulesen; das war überhaupt kein Problem. Was macht denn für Dich einen guten Podcast aus? Und wie siehst Du die Rolle des*r Interviewers*in?

Ganz lieben Dank für das Feedback! Die Podcast-Welt ist bunt – einen Fußball-Podcast höre ich natürlich mit anderen Ohren als einen Business-Podcast. Jedoch stellen die folgenden 3 Aspekte für mich persönlich die Schnittmenge eines “guten” Podcast dar:

Ich lerne etwas Neues.
Ich konsumiere gute Audioqualität.
Ich komme in den Genuss einer gelungenen Gesprächsführung.

Ein guter Podcast lebt von guter Gesprächsführung. Menschen wie Frank Elstner, Larry King oder Oprah zeigen uns, dass es eine Kunst ist, gute Gespräche zu führen. Davor habe ich Respekt. Deswegen investiere ich abseits meiner Gespräche viel Zeit in meine Gespräche. 

Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich viele Podcaster nicht bewusst sind, dass die Zuhörer ihnen gerade die wertvollste Ressource schenken: ihre Lebenszeit. Weder Frank Elstner noch Oprah würden ein Interview beispielsweise so beginnen: “Mensch Marion, herzlich willkommen in meinem Podcast, stell dich doch mal kurz in zwei bis drei Sätzen vor!” Auf die Gefahr hin, dass ich damit jemanden auf die Füße trete: Wenn ich das höre, schalte ich aus.

Hat sich Deine Art, Interviews zu machen im Lauf der Zeit verändert? Was hast Du dabei gelernt?

Ein Hörer hat mir mal gesagt, dass er bis auf eine Verbesserung der Audio-Qualität kaum einen Unterschied zwischen Folge 11 und 111 hört – dieses Kompliment schmeichelt mir, kann ich ihm aber nicht wirklich abnehmen. Natürlich bin ich der Meinung, dass sich meine Gesprächsführung verändert hat. Am stärksten fällt mir auf, dass ich mich sicherer fühle und weiß, dass mich meine Neugier nie im Stich lässt. “Egal, was passiert – mir fällt schon was ein” ist ein schönes Gefühl.

Mir gelingt es immer besser, zwischen Themen eine gelungene Überleitung zu finden, so dass das Gespräch in einem natürlichen Fluss bleibt und nicht wie eine Checkliste wirkt. Ich habe mir eine kleine Trickkiste angeeignet, um tiefer zu graben und mehr über eine Person herauszufinden. Die Fähigkeit nachzuhaken, ohne dabei aufdringlich zu sein, fasziniert mich total.

Fünf meiner Learnings aus über 135 Podcast-Interviews habe ich vor kurzem auf LinkedIn veröffentlicht – ich bin mal so frei und greife sie hier noch einmal auf:

  1. Ich bin gut vorbereitet und weiß, wie mein Gegenüber spricht und tickt.
  2. Ich lasse meinen Gast ausreden.
  3. Ich reagiere auf das Gesagte nicht ständig mit Bestätigungslauten wie „Ja“, „Ach?!“ oder „Mhm“ – als Zuhörer nervt mich das schnell, deswegen höre ich bis auf wenige Ausnahmen einfach still zu und reagiere nonverbal.
  4. Apropos still sein – wenn ich eine Frage stelle, versuche ich keine Erklärung an die Frage zu hängen. Frage stellen und Mut zu Stille – gelingt mir aber nicht immer. 
  5. Die besten Fragen sind spontane Rückfragen – gerne verlasse ich meinen vorbereiteten Gesprächspfad und vertraue auf meine Neugier.

Warum glaubst Du, dass Podcasts so eine große Beliebtheit haben?

Als ich 2018 mit meinem Podcast gestartet bin, musste ich hin und wieder erklären, was ein Podcast ist. Mittlerweile ist das Medium in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Der Grund ist derselbe, weshalb Amazon erfolgreich ist – das möchte ich kurz erklären.

Generell gibt es drei Arten, wie wir Content konsumieren: Wir lesen, sehen oder hören etwas. Bücher wurden um Blogs, das Fernsehen um Youtube und das Radio um Podcasts ergänzt. Wir lesen, sehen und hören immer noch, aber die Medien entwickeln sich weiter.

So wie wir es gewohnt sind, auf YouTube oder Netflix zu bestimmen, wann wir was sehen, entscheiden wir bei Podcasts, wann wir was hören. Zusätzlich können Podcasts im Unterschied zu Text- und Video-Content passiv konsumiert werden – meine Hörer*innen sind joggen, am einkaufen, stehen im Stau oder gehen mit ihren Hunden, während sie herausfinden, was Andersmacher anders machen. Das ist eine unglaublicher Vorteil, denn es ist bequem und wir sparen Zeit – gleiches gilt für unsere Bestellungen bei Amazon.

Was würdest Du Menschen empfehlen, die gerne eine Podcast-Reihe starten wollen?

Ich würde ihnen raten, es nicht zu tun. Dann würde ich beobachten, wie sie reagieren. Wenn ich mit den Menschen ins Gespräch komme, würde ich herauszufinden, was sie wirklich wollen. Nur so könnte ich beurteilen, ob ich ihnen eine Hilfe sein kann.

Ich durfte vor kurzem eine großes Familienunternehmen kreativ-konzeptionell dabei unterstützen, ein Podcast-Format zu entwickeln. Im Zuge der Marktanalyse war ich von der Größe des Podcast-Friedhofs auf iTunes geschockt – mir tut das im Herzen weh, wenn ich Podcasts sehe, die nach 7 oder 17 Folgen plötzlich aufhören. 

Vielleicht hat diesen Menschen oder Marken jemand gefehlt, der ihnen von einem Podcast abrät, um herauszufinden, was sie wirklich wollen und ob ein Podcast sinnvoll ist. Fakt ist: Ein Podcast ist keine Kampagne – ein Podcast braucht Commitment. 

Was sind “Andersmacher” für Dich?

Andersmacher sind Menschen und Marken, die in keine Schublade passen. In “meiner Welt” gibt es drei Gruppen von Andersmachern: 

  1. Menschen mit einem biografischen Bruch – wie Annie O., eine frühere Investmentbankerin, die heute DJane im KitKat-Club in Berlin ist.
  2. Menschen mit bunten Biografien und beruflichen Spielfeldern, die nichts miteinander zu tun haben – wie David Usadel, ein Allgemeinmediziner und Psychotherapeut, der nebenher sein eigenes Handtaschen-Label aufbaut.
  3. Menschen, die aufgrund körperlicher Besonderheiten vieles im Leben anders machen müssen – wie Janis McDavid, der ohne Arme und Beine auf die Welt gekommen ist und mit mehr Mut und Motivation lebt, als ich es jemals könnte.

Ist es denn wirklich wichtig, etwas anders zu machen…?

Nein, es ist wichtig, das zu machen, wofür wir auf dieser Welt sind. Gerald Hüther hat in meinem Podcast die These vertreten, dass wir alle Andersmacher sind, da wir alle einzigartig auf diese Welt kommen. Das glaube ich auch. 

Aber natürlich sieht er auch ein Problem: Wir verlernen, das zu sein, was uns anders macht. Wir lernen, so zu sein, wie alle anderen – auch wenn es davon schon genug gibt. Aber so fallen wir mit dem, was wir können und ganz besonders mit dem, was wir nicht können, nicht weiter auf. Wer aber in sich hinein horcht, seiner inneren Stimme folgt und sich seinen Stärken und Schwächen treu ist, der kann im Zweifel gar nicht mehr anders, als anders zu sein. 

Ich glaube, dass wir das, was wir verlernt haben, auch wieder lernen können. Und lernen funktioniert am besten mit Geschichten, die unter die Haut gehen. Auch das hat Gerald Hüther einmal gesagt – deswegen gibt es den Andersmacher-Podcast.

Meine Podcast-Folge mit Aaron mit dem Thema „New Work ist Inner Work“ findet ihr übrigens hier. Und wer weitere Folgen des Podcasts zum „Andersmachen“ hören möchte, der kann das hier tun.

Du bist ja nicht “nur” Podcaster, sondern hast mit “Social Attention” auch noch Dein eigenes Unternehmen. Was macht Ihr genau?

Wir helfen Unternehmen dabei, ihre Zielgruppe ohne Werbung zu erreichen. Ob jemand Azubis über TikTok finden, Kunden über LinkedIn gewinnen oder die Marke auf Instagram bekannter machen möchte – wer relevanten Social Content produziert und effizient distribuiert, kann auf nervige Werbung verzichten. 

Mein Mitgründer ist Influencer, gemeinsam folgen uns auf Social Media knapp 500.000 Menschen. Dieses Wissen geben wir weiter und wir empfehlen auch nur das, was wir auf unseren eigenen Kanälen vorher ausprobiert haben.

Da uns viele Personal Brands um Rat fragen, haben wir seit neuestem auch ein 12-wöchiges Coaching-Programm für alle Einzelkämpfer*innen entwickelt. In drei Monaten lernen die Teilnehmer*innen, was wir uns in drei Jahren selbst beigebracht haben – mehr Abkürzung geht nicht.

Was ist denn Dein absoluter Lieblingspodcast und warum?

Mein Lieblingspodcast ist der von Joe Rogan – seit 2009 gibt es die “Joe Rogan Experience”. Spotify hat mit ihm vor ein paar Wochen einen Exklusiv-Vertrag im Wert von 100 Mio. $ abgeschlossen – er ist der König der Podcaster. Warum er mir gefällt?

Joe Rogan verfolgt keine Agenda, ist offen für Neues, hat eine Meinung und kann die Meinung anderer aushalten. Menschen fragen gerne nach der idealen Länge eines Podcast – viele Experten behaupten, die läge zwischen 20 und 40 Minuten. Wenn sich Joe Rogan drei Stunden mit Elon Musk unterhält, bin ich froh, dass er nicht auf die “Experten” hört.

Und um auf den Anfang zurückzukommen: Joe Rogan beginnt kein Interview mit der Frage, ob sich der Gast nicht mal mit zwei, drei Sätzen vorstellen könnte…

Und was ist deine Lieblingsfolge des Andersmacher Podcasts?

Ich könnte jetzt Folge 36 mit Johannes Hartl sagen, weil ich mit ihm über einen sehr persönlichen Abschnitt meines Lebens spreche. Ich könnte aber auch Folge 65 mit Eleonore Frankl sagen, weil es mir eine Ehre war, ein Interview mit der Witwe von Viktor Frankl in den Räumlichkeiten zu führen, in denen das Paar Jahrzehnte lang gewirkt hat. Natürlich könnte ich auch Folge 102 mit Martin Schulz sagen, weil er mir im Gespräch das größte Kompliment macht, was man mir als Podcaster machen kann – aber das würde vielen weiteren Gesprächen nicht gerecht werden. Kurzum: Meine Lieblingsfolge ist die Nächste. 


Aaron Brückner wollte Rennsportprofi werden, jettete dann aber lieber als Model durch die Welt. Heute ist er promovierter Wirtschaftswissenschaftler, Unternehmer, Autor mehrerer Bücher und Podcaster. Er hilft Unternehmen dabei, dass ihre Mitarbeiter gerne zur Arbeit gehen. In seinem Andersmacher-Podcast findet er heraus, was Andersmacher anders – und richtig – machen.

 

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