»Jede*r kann beitragen!«

  • 19.12.2018
  • von Franziska Kolb
Es sind nicht nur Führungskräfte, die Change gestalten können; wir alle können es ...
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Agilität und Schnelligkeit, knappe Ressourcen und Umweltkatastrophen tragen zu einem wachsenden Umweltbewusstsein bei. Skandale führen zu schwindendem Vertrauen der KundInnen, die steigende Veränderungsdynamik erfordert. ArbeitnehmerInnen fordern mehr Selbstbestimmung, Flexibilität und Sinnhaftigkeit. Weitermachen wie bisher ist keine Option!

Auch bei eher traditionellen Unternehmen ist „Neues Arbeiten“ inzwischen eines der Top-Themen. Der notwendige Wandel kann nur gemeinsam gelingen. Vor allem Personen, die nicht zur Führungs- oder Managementebene gehören, wissen aber oft nicht, wie entscheidend ihr Beitrag dazu ist und wo sie ansetzen können.

Der Druck, neue Lösungen zu finden, führt auch bei tendenziell eher traditionellen Unternehmenzu einer neuen und bis vor wenigen Jahren noch undenkbaren Offenheit für „Neues Arbeiten“. Die erforderliche Transformation findet in der Praxis jedoch selten in der notwendigen Konsequenz und Radikalität statt. Auch in Zeiten zahlloser New Work Beratungs- und Trainingsangebote, befinden wir uns noch am Anfang eines langwierigen Transformationsprozesses und in den meisten Unternehmen ist noch eine Menge Pionierarbeit zu leisten.

Häufig wird die Erwartung, „Neues Arbeiten“ voranzutreiben, an das Management und die Führungskräfte adressiert. Das wird jedoch bei weitem nicht ausreichen. Der Wandel hin zu einer neuen Arbeitswelt kann nicht von oben verordnet, sondern nur gemeinsam gestaltet werden. Vor allem Personen, die nicht zur Führungs- oder Managementebene gehören, wissen oft nicht, wie entscheidend ihr Beitrag dazu ist und wo sie ansetzen können. Mit den folgenden Vorschlägen kann jede*r die Initiative ergreifen und einen Beitrag leisten.

#1 Angebote nutzen und andere begeistern

Bei vielen Unternehmen kann die Arbeit inzwischen selbstbestimmter und den eigenen Bedürfnissen und Präferenzen entsprechend organisiert werden. Immer häufiger bestehen zudem Chancen und Möglichkeiten mitzugestalten, sich zu vernetzen und Initiativen auf den Weg zu bringen für alle MitarbeiterInnen, unabhängig von der Hierarchieebene. Skepsis, Vorurteile und Bequemlichkeit führen leider dazu, dass die neuen Angebote eher zögerlich genutzt werden und die dringend notwendige Weiterentwicklung nur langsam vorangeht.

Wir sollten uns darüber bewusst werden, dass die neuen Chancen und Möglichkeiten nicht automatisch für immer gegeben oder gar irreversibel sind. Gerade in den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass sich gesellschaftliche Errungenschaften recht schnell wieder ins Gegenteil verändern können.

„Neues Arbeiten“ ist (noch) ein Privileg und mit der Pflicht und der Verantwortung verbunden, sich an der Weiterentwicklung einer neuen, besseren Arbeitswelt aktiv zu beteiligen. Das bedeutet, die Gewohnheit auch mal zu verlassen und Neues auszuprobieren. Nur so können die neuen Errungenschaften erhalten, ausgebaut und in Zukunft auch weniger privilegierten ArbeitnehmerInnengruppen zugänglich werden.

#2 Von Great Practices lernen & vorhandene Quellen nutzen

#GreatPractices – Von anderen lernen 
Von der Utopie zur Realität – lebendige Praxisbeispiele helfen dabei, „Neues Arbeiten“ begreif- und erlebbar zu machen. Unternehmen, die „Neues Arbeiten“ leben, hatten meist andere Voraussetzungen als Konzerne und traditionelle Firmen. Und doch kann man von ihnen unglaublich viel lernen: Great Practices, wichtige Erfahrungswerte und Hinweise darauf, wo und wie angesetzt werden kann.

Meist sind die Rahmenmodelle, Strukturen und Prozesse über viele Jahre hinweg kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert worden. Durch Storytelling gelingt es, diese komplexen Zusammenhänge und die vielen Informationen zielgruppengerecht und für jede*n begreif- und erlebbar zu machen. Besonders spannend sind die folgenden Aspekte neuer Organisationen: die Vision und das Selbstverständnis, die Organisationsstruktur, das Treffen von Entscheidungen, der Umgang mit Konflikten und das Arbeiten ohne Hierarchien.

Teilen Sie beispielsweise diese Geschichten mit Ihren KollegInnen und überlegen Sie gemeinsam, was Sie aus diesen für Ihr Umfeld lernen und ausprobieren können.

Anschaulicher werden Ihre Erzählungen, wenn Sie wichtige Aspekte visualisieren:

Hier sind ein paar sehr gute Beispiele:
Buurtzorg                  
Netlight Consulting   
Premium Cola Kollektiv
Dark Horse Innovation               
Einhorn Kondome

Achtung! Achtung!
Keines der vorgestellten Great Practices kann einfach kopiert werden. Für den eigenen Kontext müssen individuell passende Lösungen entwickelt werden.

#Wissenteilen –vorhandene Quellen nutzen
Auch in Ihrem Unternehmen steckt viel ungenutztes New-Work-Potenzial. Scrum, Kanban, Design Thinking, Working out Loud, Soziokratie, agiles Arbeiten… Meist gibt es in allen möglichen Bereichen und Fachgebieten Menschen in der eigenen Organisation, die sich beruflich oder privat mit diesen Themen beschäftigen. Nutzen Sie diese Erfahrungen und das Wissen und vernetzen Sie sich. Gehen Sie direkt auf Ihre KollegInnen aus anderen Teams zu und nutzen Sie sie als ImpulsgeberIn, ExpertIn oder AustauschpartnerIn. Das ist i.d.R. unkompliziert darstellbar und fördert eine Kultur der Kooperation und Kollaboration im gesamten Unternehmen.

Bestimmt können Sie auch selbst etwas teilen, das für andere interessant ist. Kennen Sie beispielsweise Great Practices, haben Sie eine Fortbildung besucht oder ein interessantes Fachbuch gelesen? Laden Sie Ihre KollegInnen doch zu einem kleinen Impuls oder Austausch ein.

#3 Das Treffen von Entscheidungen überdenken

In Organisationen werden täglich unzählige Entscheidungen von kleiner oder großer Reichweite getroffen.

Wer Entscheidungen treffen darf, hat die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und damit Themen voranzutreiben oder auszubremsen. Wie werden Entscheidungen in IhrerOrganisation getroffen?

„Neues Arbeiten“ bedeutet auch Entscheidungen treffen für Fortgeschrittene. Wer gute Entscheidungen treffen möchte, muss besser differenzieren lernen:

  • Wer & Wie
    Gute Entscheidungen sind nicht alle von ein- und derselben Person oder auf die gleiche Art und Weise zu treffen. Die besten Entscheidungen treffen beispielsweise nicht immer Personen, die aufgrund ihres Status Entscheidungen treffen dürfen, sondern Menschen, die das notwendige Wissen und die relevanten Informationen kennen oder sich diese beschaffen können.
  • Tragfähigkeit
    Manchmal ist es weniger wichtig, die beste Entscheidung zu treffen, sondern dafür zu sorgen, dass die Entscheidung von möglichst vielen mitgetragen wird und möglichst alle beteiligt werden.

Beginnen Sie damit, Ihre Prozesse, Dynamiken und Muster zu hinterfragen und probieren Sie die im Folgenden beschriebenen Ansätze aus:

#DelegationPoker – spielerisch zu besseren Entscheidungsprozessen
Beim Delegation Poker können alle Beteiligten darüber ins Gespräch kommen, wie im Falle einer bestimmten Aufgabe oder Situation entschieden werden sollte und die Verantwortlichkeiten klären. Dabei wird zwischen sieben verschiedenen Abstufungen differenziert. Die Methode schafft Transparenz und Klarheit über die verschiedenen Sichtweisen im Team und unterstützt bei der Entstehung neuer Entscheidungsfreiräume. Delegation Poker hilft zudem dabei zu erkennen, dass es nicht einen sinnvollen Weg gibt, sondern dass es auf die Situation und Aufgabe ankommt.

1    Mit Hilfe eines Kartensets überlegt sich jede Person zunächst für sich selbst, welche die beste Option wäre.
2    Im nächsten Schritt legen alle die von ihnen gewählte Karte offen.
3    Zuerst erklären die beiden Personen mit dem höchsten und dem niedrigsten Wert ihre Auswahl.
4    Nun wird gemeinsam eine Einigung gesucht.  

Mehr Infos und kostenfreier Download des Kartensets hier.

#Systemisches Konsensieren– wenn eine möglichst breite Tragfähigkeit wichtig ist
Stellen Sie sich vor, Sie könnten nicht für Ihre präferierte, sondern gegen die für Sie schlechteste Option abstimmen und so die Wahrscheinlichkeit verringern, dass es zu einer Entscheidung kommt, mit der Sie überhaupt nicht leben können. In manchen Situationen ist es besonders wichtig, dass Entscheidungen möglichst wenig Widerstand und Ablehnung hervorrufen. Dann kann es Sinn machen, nicht wie gewohnt nach dem Mehrheitsprinzip zu entscheiden und die Zustimmung zu erfragen, sondern herauszufinden, mit welcher Option der größtmögliche Konsens erreicht werden kann. Durch den Prozess des systemischen Konsensierens hat jede Person die Möglichkeit, sich zu beteiligen.

1    Verschiedene Handlungsoptionen zu einer bestimmten Fragestellung werden erarbeitet und vorgestellt.
2    Nun hat jede Person die Möglichkeit, die Optionen mit Widerstandspunkten (0-10) zu bewerten.
3    Die Lösung mit der geringsten Anzahl an Widerstandspunkten kommt dem Konsens am nächsten.   

Weitere Infos zu „Systemischem Konsensieren“ gibt es hier.

#KonsentPrinzip – damit gute Ideen bessere Chancen haben
Neue Vorschläge und Ideen werden in Ihrem Unternehmen so lange diskutiert und hinterfragt bis sie wieder vom Tisch sind? Dann könnte das Konsent-Prinzip interessant für Sie sein. Dabei wird nicht nach der Zustimmung zu einem Vorschlag gefragt, sondern nach schwerwiegenden begründeten Einwänden im Sinne einer Notbremse. Falls dies der Fall sein sollte, arbeitet die Person, die den Einwand geäußert hat, konstruktiv an einer Lösungsfindung mit.

„Wie können wir die Lösung gemeinsam so weiterentwickeln, dass du keinen schwerwiegenden Einwand mehr hast?“

Das Prinzip führt somit zu einer höheren Durchlässigkeit von Vorschlägen und Ideen. Eine Beteiligung aller Stakeholder im Vorfeld kann die Wahrscheinlichkeit eines schwerwiegenden Einwands verringern. Durch den genau definierten Ablauf und dieModeration werden auch das positive Bestätigen von bereits Gesagtem und das Verbalisieren von nicht schwerwiegenden Bedenken unterbunden. Die Anwendung des Prinzips führt dadurch zu schnelleren Entscheidungsprozessen.

1    Ein Lösungsvorschlag der verschiedene Interessen/Perspektiven berücksichtigt, wird präsentiert.
2    Informationsrunde: Jede*r hat die Möglichkeit Fragen zu stellen (keine Diskussion!)
3    Meinungsrunde: Jede*r kann nacheinander kurz Stellung beziehen (wohlwollend, kritisch, …)
4    Frage an die Gruppe: Hat jemand einen schwerwiegenden begründeten Einwand?  
      Nein: Vorschlag gilt als angenommen.
      Ja: Person, die Einwand hat, beteiligt sich an der Lösungsfindung

AchtungAchtung!
Dran bleiben: Entscheidungsprozesse anders zu gestalten, will geübt werden. Wenn es beim den ersten Malen nicht reibungslos klappt, bloß nicht den Mut verlieren!  Cargo-Kulte können durch eine oberflächliche Anwendung von Methoden entstehen. Nur durch eine Haltungsveränderung können die gewünschten Effekte nachhaltig eintreten. Alle Beteiligten sollten deshalb verstehen, wieso die neue Praktik angewendet wird und welche Haltung und Idee sich dahinter verbirgt. 

#4 Nur Mut – Los geht’s!

Viele Organisationen befinden sich irgendwo am Anfang oder bereits mittendrin im Wandel der Arbeitswelt.

„Neues Arbeiten“ trifft auf Haltungen, Führungsverständnisse, Vorstellungen von Motivation und Zusammenarbeit von gestern oder alte Beurteilungs- und Belohnungssysteme. Dadurch entstehen Dilemmata und Widersprüche, die uns noch lange Zeit herausfordern werden und gleichzeitig einmalige Chancen und Möglichkeiten für neue Lösungsräume bereithalten.

Ein erfolgreicher Transformationsprozess verlangt allen einiges an Mut ab. Mut, damit aufzuhören sich einem System einfach anzupassen, Mut, Altbewährtes zu hinterfragen, und Mut, Neues auszuprobieren. „Neues Arbeiten“ fordert uns dazu heraus, unsere Haltung zum Arbeiten zu hinterfragen und Dinge völlig neu zudenken.

Jeder noch so kleine Schritt, der zu einer neuen guten Arbeitswelt beiträgt, ist wichtig.

Wie tragen Sie zu „Neuem Arbeiten“ bei? Womit haben Sie gute Erfahrungen gemacht?

Teilen Sie Ihre Great Practices gerne in den Kommentaren mit uns!

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